Davensberg - Das Tor zur Davert

Der Kirchenstreit Ascheberg-Davensberg 1510-1559

Über diesen Streit lesen wir in der Chronik aus dem Jahre 1790:

"Gemäß des Apostolischen Indultes durfte der Edle von Büren nur eine Schloßkapelle für sich und seine eigene Familie bauen. Allein dieses ward nicht erfüllt. Er ließ ein Gebäude setzen, daß für mehrere 100 Familien geräumig genug ist und ließ solches so bauen, daß der Eingang oder die Tür der Kirche an der Seite eines offenen Weges angebracht wurde, wie der Augenschein ausweiset. Dieses war ein Eingriff ini die Rechte des Pfarrers zu Ascheberg, die er doch bei der Erbauung nicht verletzen durfte, wie das Kanonische Recht bestimmt und auch der ausdrückliche Befehl des päpstlichen Indultes war, worin deutlich steht: "Ohne Beeinträchtigung der pfarrlichen Rechte des Rektors der Pfarrkirche". Ohne Zweifel ist dies der einzige Grund des Zwistes gewesen, so nach den Jahren der Erbauung der Kapelle zwischen dem Edlen Balthasar von Büren und Heinrich von Werne, dem Pastor zu Ascheberg, war.

Doch um das Jahr 1559 gelang es endlich dem Edlen von Büren, seinen Zweck zu erreichen, daß nämlich es nicht eine bloße Hauskapelle sein sollte, sondern eine öffentliche, wo jedermann seinen sonntaglichen Pflichten konnte Genüge leisten. Es kam nämlich um dieses Jahr eine Vereinbarung unter der Einwilligung des damaligen Dompropstes Philippus vom Hoerde als Collator der Pastorat und des Herrn Rötger Dobbe, Vicedominius und Archidiakonus, unter beiden entzweiten Parteien zustande, worin der Edle Balthasar die Kapelle vor eine Filialkirche von Ascheberg dürfe brauchen und ansehen, und so ward es denn ein öffentliches Bethaus."

Über diesen kirchenrechtlichen Zustand sind die Jahrhunderte dahingegangen. Der Ort Davensberg, der aus der Burg, den "Burgmannsleuten" und denen, die sich rund um die Burg ansiedelten, bestand, entwickelte sichnur sehr langsam.

Die Herrschaft auf der Burg wechselte. Ende des 16. Jahrhunderts starb die Familie der von Büren im männlichen Stamme aus. Der letzte Burgherr Jobst von Büren, der Sohn des Johann II. von Büren, der als Ritter in goldener Rüstung auf dem Brabender-Altar zu sehen ist, starb kinderlos. Es blieben die beiden Erbtöchter Johanna und Agnes. Johanna vermählte sich mit dem Junker Gerd von Morrien, dem Besitzer von Nordkirchen, und Agnes heiratete den Ritter Heinrich Wolf zu Füchtel. Das Erbe Davensberg wurde 1600 aufgeteilt. Johanna und Agnes brachten je die Halbscheid mit in die Ehe. Nach 100 Jahren, 1694, kam das Davensberger Erbe zusammen mit dem Besitz Nordkirchen an den Fürstbischof Friedrich Christian von Plettenberg, der das Morriensche Erbe Nordkirchen mit der Halbscheid Davensbergkäuflich erwarb. Zur gleichen zeit kaufte der Fürst Friedrich Christian außer dem Meinhövelschen Besitz in Nordkirchen auch die zweite Halbscheid von Davensberg, die durch die Erbtochter Agnes an das Haus Wolf zu Füchtel gefallen war.

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts starb das Haus Plettenberg-Lehnhausen in seinem männlichen Stamm aus. Das Nordkirchener Erbe und damit der Davensbergische Besitz fiel durch Erbschaft dem Sohn der Maria von Plettenberg zu, die im Jahre 1833 den ungarischen Grafen Nikolaus Maria Franz, Graf zu Esterhazy Galantha geheiratet hatte. Der Erbe, Graf Nikolaus, Nicki genannt, war ein begeisterter Pferdesportliebhaber. Von ihm erzählt der Schriftsteller und Pädagoge Hermann Barta, der Sohn eines Ungarn, den der Fürst Nikolaus aus seiner ungarischen Heimat nach Nordkirchen geholt hatte, damit er ihm beim Aufbau seines Vollblutgestüts behilflich sei, daß Nikolaus im Jahre 1884 sein international berühmtes Rennpferd, "Stronzian" genannt, zweimal, und zwar im Mai auf dem Derby in Wien und im Juni auf dem Derby in Hamburg laufen ließ. Nach dem Sieg in Hamburg soll er ganz Nordkirchen zur Feier auf sein Schloß geladen haben. Von diesem Hermann Barta, der damals ein Nordkirchener Schuljunge von 6 Jahren war, berichtete die Tageszeitung im August 1976, daß er in Wien seinen 99. Geburtstag feiere und einige Wochen später, daß er verstorben sei, (22.10.1976).

Der Graf Nikolaus Esterhazy starb kinderlos im Jahre 1897. Sein Vetter, Graf Moritz von Esterhazy, war der Erbe. Nach dessen Tod im Jahre 1900 trat sein minderjähriger Sohn Paul das Erbe an. Dessen Mutter, Gräfin Paula geb. Stockum, verkaufte 1903 den Nordkirchener Besitz und damit auch das Davensbergische Gut an den Herzog Engelbert von Arenberg. Noch heute sind die Arenberger die Besitzer des ehemaligen Rittergutes der Herren von Büren.

Die Jahrhunderte sind dahingegangen. Das Leben auf der Burg ist erloschen und mit dem Leben auf der Burg ist auch die Burg selber dahingeschwunden. Nur der alte Burgtum mit dem Allianzwappen der von Büren-Kovorden aus dem Jahre 1530 ist erhalten. Erhalten ist die Burgkapelle. Hier ist das Leben nicht erstorben. Im Gegenteil, das Leben der St. Anna-Kirche hat sich entfaltet. Die Priester an der Kirche, Inhaber der Vikarie St. Anna, für deren Unterhalt der Burgherr gemäß der Bulle Innozenz VIII. sorgen mußte, hatten ihre Wohnung und ihre Tafel auf dem Schloß. Als die Burg nach dem Tode des letzten männlichen Vertreters Jobst von Büren nicht mehr von der adeligen Familie bewohnt war, verfiel sie langsam. Nach Schwieters: Geschichtliche Nachrichten über den östlichen Teil des Kreises Lüdinghausen. S. 130 waren um 1880 nur noch Ruine und Grundmauerwerk aus Ziegeln und runden Kieselsteinen zusammengesetzt zu sehen.

Der Vikar hatte nach dem Tode des letzten Herrn von Büren noch eine Zeitlang zusammen mit dem Rentmeister Wohnung und Tafel auf der Burg. Als dann die Burg nicht mehr bewohnbar war, mußte für den Vikar eine eigene Wohnung gebaut werden. So entstand das Vikarienhaus, die "alte Vikarie", das schöne Fachwerkhaus im Schatten der alten Kirche, das neuerdings renoviert und erweitert worden ist zum Pfarrheim.


Pfarrhaus mit St. Anna-Status um 1950

Der Dienst des Vikars an der Filialkirche von Ascheberg war genau umschrieben. Er mußte den Sonntagsgottesdienst halten. Später kam auch die Verpflichtung der Messe an den Werktagen hinzu. Ferner war ihm die Betreuung der Kranken und Sterbenden anvertraut. Nach der Chronik der Vikarie hatte er um 1780 auch für die religiöse Unterweisung der Kinder zu sorgen.



Dr. Meinert, Pfarrer

(entnommen dem Buch "Davensberg, Burg und Flecken", Wilhelm Henrichmann, Heimatverein Davensberg)