Davensberg - Das Tor zur Davert

Hexenverfolgung und Hexenprozesse in Ascheberg - Davensberg

Hexenprozesse Ascheberg NRW
vgl.: https://de.wikipedia.org/wiki/Hexenverfolgung_in_Davensberg
Das adlige Gericht Davensberg-Nordkirchen gehörte seit dem Mittelalter zum Besitz der adligen Familie zu Büren. Später ging es in die Hände der Adelsfamilien von Morrien über. Die Richter waren 1629 Johann Ascheberg und Engelbert Langenhorst. Das adelige Gericht Davensberg-Nordkirchen, das sich über große Teile des münsterischen Amtes Werne erstreckte, zeigte eine große Bereitschaft zur Hexenverfolgung, um althergebrachte Gerichtsrechte und Privilegien gegen den Zugriff des Landesherren zu bewahren.
An die Tätigkeit des adeligen Gerichts Davensberg-Nordkirchen erinnert in Davensberg der inzwischen zu einem Heimatmuseum umgestaltete Wehrturm der ehemaligen Burg Davensberg, in dem früher Gerichtssitzungen abgehalten und Gefangene eingekerkert wurden.

An die Tätigkeit des adeligen Gerichts Davensberg- erinnert in Davensberg der inzwischen zu einem Heimatmuseum umgestaltete Wehrturm der ehemaligen Burg Davensberg, in dem früher Gerichtssitzungen abgehalten und Gefangene eingekerkert wurden. Fotos: Hartmut Hegeler

In der ehemaligen Folterkammer über dem Verließ ist ein so genannter "Stock" erhalten geblieben, ein im mittelalterlichen Strafvollzug weit verbreitetes Folterwerkzeug, das aus schwerem Eichenholz gefertigt ist. Es diente der Festsetzung von Gefangenen.
Rechts: Klappe mit Blick in das Verließ im Keller.

Insgesamt wurden 55 Hexereiverfahren bekannt. Der erste bekannte Hexenprozess auf dem Davensberg fand 1593 statt.

Folterstock im Verlies des Burgturm Davensberg

Klappe zum Verlies und Blick in das Verlies

1602: Hexenprozess auf dem Davensberg, die vermeintlichen Hexen werden "auf dem Remberg" verbrannt.
Ab September 1629 war das Gericht nahezu unablässig mit Zaubereiangelegenheiten beschäftigt, Todesurteile wurden praktisch einmal pro Woche vollstreckt. Die damaligeGerichtsherrin zu Davensberg, Anna Sophia von Limburg-Styrum, Witwe des Johann von Morrien, verurteilte in ihren Schreiben vom Dezember 1629 und Januar 1630 mit drastischen Worten jene "bößhafte(n) leuthe", die dermaßen viele "unthadten", "sonderlich" der
"zauberey", begangen hätten, daß sie dagegen mit der "heilige(n) justitz" habe einschreiten müssen.
Die letzten überlieferten Hexenprozesse wurden 1647 durchgeführt (nach anderen Quellen 1657).

Anna Walboem
Davensberger Gerichtsherrin lässt die achtzigjährige Anna Walboem als Hexe anklagen
vgl.: https://de.wikipedia.org/wiki/Hexenverfolgung_in_Davensberg#Prozess_gegen_Anna_Walboem

Unter der Folter denunzierten im Herbst 1629 einige später hingerichtete Angeklagte die achtzigjährige Anna Walboem als "Hexe". Die alte, aus Ottmarsbocholt stammende, über achtzigjährige Frau hätte beim gemeinsamen Hexentanz teilgenommen. Sie wurde im November des Jahres 1629 gefangen genommen und kurz danach zur peinlichen Frage verdammt. Trotz Folter legte sie allerdings kein Geständnis ab. Ein Anwalt beschwerte sich in einem Brief vom 14. Dezember 1629, wie das Gericht Davensberg die als ehrlich und fromm bekannte Greisin unter unwürdigen Bedingungen inhaftiert und gemartert hätte. Gegen die Stellungnahme einiger erfahrener Rechtsgelehrten sei sie lediglich aufgrund der Denunziation "etzlicher" verbrannter Hexen eingezogen und peinlich befragt worden. Das Davensberger Gericht ließ die "alte persohn" so schrecklich foltern, dass sie wie tot auf dem Platz liegen blieb.
Fünf Rechtsgelehrte fertigten im Auftrag ihrer Familie ein Gutachten an, das die Folterung der Mutter Walboem strikt ablehnte und ihre Entlassung forderte. Die münsterischen Räte entschieden am 18. Dezember 1629, dass sie so bald wie möglich in bessere Räumlichkeiten transportiert werden müsse, da man aufgrund der kalten Witterung den Tod der Frau im Gefängnis befürchtete. Aber die Richter Johann Ascheberg und Engelbert Langenhorst im Davensberger Gericht weigerten sich diese Entscheidung der münsterischen Räte zu befolgen und verwiesen auf die Anordnungen der Gerichtsherrin Anna Sophia von Morrien.
Während noch über sie gestritten wurde, lag die 80-jährige Angeklagte bereits auf dem Sterbebett. Nach ihrem Tod im Januar 1630 entbrannte ein Streit zwischen der Familie Walboem und dem Gericht Davensberg über das Schicksal des Leichnams. Das Gericht ließ durch einen Scharfrichter eine Bestätigung anfertigen, dass der Teufel der alten Walboem den Hals zerbrochen habe, und konsultierte ausgerechnet den berüchtigten Hexenkommissar Schultheiß. Die Familie war empört über diesen Befund, der sie selbst als Blutsverwandte einer Hexe gebrandmarkt und unter Umständen in Gefahr gebracht hätte. Die Familie beauftragte im Gegenzug einen Anwalt mit einer Klage gegen die verantwortlichen
Gerichtsvertreter, weil kein Geständnis der Zauberei durch die Verstorbene vorlag. Dieser Prozess zeigte, wie im Gericht Davensberg alle sonst geltenden Verfahrensrichtlinien in Hexenprozessen missachtet wurden.

Namen der Opfer der Hexenprozesse/ Hexenverfolgung Ascheberg - Davensberg

Fälle von Hexenverfolgung in Werne (Gericht Davensberg/Amt Werne)

„Konkret nachweisbar sind für den Zeitraum zwischen der Mitte des 16. und dem Ende des 17. Jahrhunderts [im Fürstbistum Münster] etwa 450
Hexereiverfahren, die ihrerseits wiederum in ca. 160 Fällen mit der Hinrichtung der betroffenen Personen endeten. (Gersmann, S. 452)
„Regelrechte Wellen von Hexenverfolgung gab es anscheinend [...] im Amt Werne, wo der Hexenwahn an die 60 Todesopfer forderte, über 30 davon allein im Jahr 1629 [...]“ (Gersmann, S. 453)
In Lüdinghausen waren von 1628 bis 1630 zwei Frauen der Hexerei angeklagt. Diese wurden schließlich für schuldig befunden und hingerichtet.

„Nach dem Beginn der Hexenverfolgung in den frühen 1590er Jahren wurde der erste große Hexenprozess gegen die aus der Osterbauerschaft stammende Margarete Bunigmann angestrengt.“ (Gersmann, S. 458)

Jahr Name Schicksal
1. 1596 Margarete Bunigmann aus der Osterbauerschaft, Universität Marburg entschied auf Anwendung der Tortur, Folter, offensichtlich kein Geständnis, freigelassen
2. um 1605 N.N.,„Auf den Prozess gegen die Bunikmansche folgten zunächst nur vereinzelte Hexereiverfahren zu Beginn des 17. Jahrhunderts [...]“ (Gersmann, S. 458), angenommen werden 3 Verfahren. Ausgang unbekannt
3. um 1605 N.N. unbekannt
4. um 1605 N.N. unbekannt
5. 1611 N.N., eine Frau. „Als die Nachricht von der im Monat Juli [1611] erfolgten Gefangennahme und Hinrichtung mehrerer männlicher und weiblicher Zaubereiverdächtiger nach Münster durchsickert [...]“ (Gersmann, S. 458), angenommen werden drei Frauen und drei Männer: im Juli hingerichtet
6. 1611 N.N., eine Frau im Juli hingerichtet
7. 1611 N.N., eine Frau im Juli hingerichtet
8. 1611 N.N., ein Mann im Juli hingerichtet
9. 1611 N.N., ein Mann im Juli hingerichtet
10. 1611 N.N., ein Mann im Juli hingerichtet
11. 1618 N.N. „Im Jahr 1618 wurden zwar mehrere Personen wegen angeblicher Schadenszaubereien festgenommen, in den als Gefängnis dienenden Davensberger Turm gesteckt und hingerichtet, doch folgte auf die Hexenverbrennungen von 1618 wieder eine Phase relativer Ruhe, ehe ein Jahrzehnt später eine echte Verfolgungshysterie ausbrach.“ (Gersmann, S. 459), angenommen werden 5 Personen hingerichtet
12. 1618 N.N. hingerichtet
13. 1618 N.N. hingerichtet
14. 1618 N.N. hingerichtet
15. 1618 N.N. hingerichtet
nach 1624 Merge Dichte, stammte aus Lüdinghausen Bauerschaft Westrup. Aus dem Geständnis von Bernhard Schwarte aus Westrup: „Noch bevor der Prozess begann, legte Schwarte vor dem Richter, der ihn in Begleitung des Frons [im Kerker] aufgesucht hatte, ein umfassendes Schuldbekenntnis ab. Danach hatte er die Zauberkunst vor ungefähr zwölf Jahren von Merge Dichte, mit der er zuvor in Loemans Haus zusammengewohnt hatte, gelernt, als sie zur Erntezeit auf dem Nienkamp Korn gemäht und Garben gebunden hatten. [...] Merge Dichte ist später in
Davensberg verhaftet und wegen vieler begangener Übeltaten verbrannt worden.“ (Trobüren-Bots, S. 233 mit Anm. 201) hingerichtet
16.-40. 1629 N.N. „Rechnet man zu den mindestens 25 Opfern, die die Welle von 1629 in Davensberg und Umgebung forderte, sie sechs Frauen und Männer hinzu, die im - ebenfalls zum Juristiktionsbereich der Familie von Morrien gehörenden im Amt Werne gelegenen - Beifang Capelle vom Leben zum Tode gebracht wurden [...] (Gersmann, S. 459)

Quelle: Gersmann, Gudrun: Wasserproben und Hexenprozesse, Ansichten der Hexenverfolgung im Fürstbistum Münster, in: Westfälische Forschungen, Zeitschrift des Westfälischen Instituts für Regionalgeschichte des Landesverbrandes Westfalen-Lippe Nr. 48, Münster 1998, S. 449-479.
Quelle Fall nach 1624: Tobüren-Bots, Ilona: Hexenwahn in Lüdinghausen, in: Liane Schmitz (Hrsg.): Zur Geschichte von Lüdinghausen und Seppenrade, Lüdinghausen 2000, S. 227-238.

Literatur:
Gudrun Gersmann, Konflikte, Krisen, Provokationen im Fürstbistum Münster.
Kriminalgerichtsbarkeit im Spannungsfeld zwischen adeliger und landesherrlicher Justiz, in:
Delinquenz, Justiz und soziale Kontrolle (1300 - 1800). Beiträge der Historischen
Kriminalitätsforschung zu einer Sozial- und Kulturgeschichte der Vormoderne, hg. von
Andreas Blauert und Gerd Schwerhoff, Konstanz 1999 Gudrun Gersmann, Wasserproben und
Hexenprozesse, Ansichten der Hexenverfolgung im Fürstbistum Münster, in:
https://www.historicum.net/no_cache/persistent/artikel/939/
H.J. Wolf, Geschichte der Hexenprozesse, Nikol Verlag Hamburg, 1995, S. 677
http://www.davensberg.de/geschichte/all_historie.htm
Gudrun Gersmann, Wasserproben und Hexenprozesse Staatsarchiv Münster, Bestand
Altertumsverein 317b Archiv Nordkirchen 12219, Protocollum criminale, Bl. 86b, 89b, 92
und 95.
Archiv Nordkirchen 10720
Staatsarchiv Münster, Altertumsverein 317b, Bl. 37b, Schreiben vom 18. Dezember 1629
Hartmut Hegeler: Hexendenkmäler in Westfalen und Lippe. Unna 2013, S. 27–29

Deutsches Hexendokumentationszentrum
Demnächst (2016 oder 2017) entsteht ein Deutsches Hexendokumentationszentrum, in
welchem man jeden heute noch zu ermittelnden Fall auf dem Gebiet der heutigen
Bundesrepublik abrufen kann.
Weitere Auskünfte:
Dr. Kai Lehmann
Museum Schloss Wilhelmsburg
Schlossberg 9
98574 Schmalkalden
Telefon: +49 3683 403186
E-Mail: info@museumwilhelmsburg.de