Davensberg - Das Tor zur Davert

Die Familie von Büren

Berthold I. von Büren und seine Frau Gerburg übertrugen 1322 dem Bischof Ludwig zu Münster die Hälfte von Davensberg und einen Theil des Wildbannes in der Davert, erhielt aber beides als Lehen an Mannesstatt zürück, so daß der Älteste jedesmal, beiderlei Geschlechts, ohne Erlegung eines Heergeweddes damit belehnt werden sollte.

1323 machte Engelbert von der Mark einen Einfall in das Münsterland, besetzte Dülmen und Haltern und legte Sendenhorst in Asche. Deshalb rückte Bischof Ludwig mit 70 hessischen Reitern gegen Hamm, die Hauptstadt der Grafschaft Mark, um Gleiches mit Gleichem zu vergelten, wurde aber nahe vor Hamm an der Brücke (im Schweinemersch), gefangen genommen mitsamt seinen Reitern. Durch Vermittlung des Alf von Berge und des Heinrich von Woltegge (Waldeck) kam, nachdem der Graf von Cleve und Ritter von Raesfeld dem Grafen von der Mark die Städte Dülmen und Haltern genommen, und durch Einfälle in die Mark vielen Schaden gethan hatten, ein Vergleich zu Stande: Der Bischof mußte für seine Freilassung 5500 Mark Soester Pfennige zahlen, Engelbert von der Mark aber sollte Davensberg mit dem halben Gericht im Amt Werne den rechten Erben zu Davensberg überlassen. Hiernach scheint Davensberg von Engelbert in dieser Fehde besetzt gewesen zu sein.

Wie schon erwähnt, gehörte zum Hause Davensberg das halbe Gericht (Gogericht) in dem Amte Werne. Die Herrn zu Davensberg und der Bischof zu Münster waren gemeinschaftlich Gerichtsherrn in diesem Amte; nur die Städte Werne und Olfen hatten ihre eigenen Richter. Für die Rechtspflege in den anderen Ortschaften stellten die beiden genannten Herrn, der Bischof zu Werne, der Herr zu Davensberg oder Ascheberg, einen Richter (Gografen) an; jeder Richter war kompetent im ganzen Amte; die Gerichtsstrafen an Geld (Brüchte) wurden zwischen den beiden Gerichtsherrn getheilt. Beide hatten Recht zu richten über gewöhnliche Streitigkeiten, als auch bei Verbrechen über Leib und Leben. Im letzteren Falle wurde auch, wenn das Geständnis verweigert wurde, das peinliche Verfahren angewandt, d. h. das Verhör mit Hülfe der Folter, spanischen Stiefel, Daumenschrauben u.s.w. Die Hinrichtung geschah meistens durch den Galgen oder bei solchen, die man glaubte, der Hexerei überführt zu haben, durch das Feuer. Als Gerichtszimmer wurde ein Gemach auf einem der Thorhäuser zu Davensberg gebraucht.

Berthold von Büren belehnte mit dem vorhingenannten Hofe Tegederink den von Enger; der letzte dieses Geschlechts im Mannesstamm hinterließ nur eine Tochter, die sich mit dem Freigrafen Selter verheirathete, und diesem das Erbe zubrachte: Schließlich aber hatte von Büren eine so große Forderung an rückständiger Lehnspacht, daß 1528 ihm Selter den Hof dafür überlassen mußte, nebst dem Hofe Temmink, der jetzt in die Davensberger Hovesaat eingezogen wurde.1444 hatte nämlich der Bischof Heinrich die 2 Güter Tegederink und Wissing den von Büren von neuem versetzt für 250 Goldgulden. 1334 ernannte der Bischof den Berthold von Büren zum Burgmann in Stromberg, und gab ihm als Burglehen (feodum castrense) den Hof Hobbeling mit dem Vorbehalt, ihn für 100 Mark wieder einlösen zu können. 1355, als Bischof Ludwig krank darnieder lag, beunruhigte Berthold das Land; der Bischof rief deshalb Hülfstruppen aus der Mark herbei, ließ durch diese Davensberg belagern und befahl, dasselbe nach der Eroberung zu zerstören. 1362 schwört Berthold mit seinen 4 Söhnen Berthold, Wilhelm, Heinrich, Dietrich dem Bischofe Adolf den Lehnseid, und verspricht, unverbrüchlich zu halten alle Versprechen, die seine Vorfahren wegen des Waldes und Hauses zu Davensberg dem Stift Münster gemacht haben.

Es folgte Berthold II.; seine Gemahlin war Maria v. N., seine Söhne Berthold, Wilhelm, Heinrich. 1364 schwört er dem neuen Bischof Florenz von Wewelinkhofen, als seinem Lehnsherrn, den Eid der Treue. Er trug von ihm außer Davensberg, dem Gogericht und dem Wildbann in der Davert auch die Hälfte des Gerichts zu Porteslar (bei Lüdinghausen) zu Lehen. (In dem Lehnsbuch des genannten Bischofs heißt es: "Wiltvank" in dem Walde Davert: da Pulver und Feuergewehre zu dieser Zeit noch nicht erfunden waren, so konnte die Jagd nur mit Pfeil und Bogen, mit Spießen oder mit Fanggeräthen betrieben werden.). Er muß ein fehdelustiger Herr gewesen sein, und auch die Treue gegen seinen Lehnsherrn schlecht gehalten haben, denn 1365 nahm ihn Bischof Florenz als offenen Feind der Landstraßen und des Landes ("publicum viarum et dioeceseos hostem": Hobbeling) gefangen, und nahm einen Theil seiner Güter für das Land in Besitz. 1367 versprach Berthold und seine Söhne Berthold, Wilhelm, Heinrich dem Bischof, von dem Schlosse Davensberg unverbrüchlich dem Stift den Burgfrieden zu halten. In diesem selben Jahre verkaufte er an den Bischof die Freigrafschaft Sendenhorst auf dem Drene, womit er bis dahin die Familie Boliken zu Ahlen belehnt hatte.

1368 ließ der Bischof seine Burgmänner zu Davensberg, die mit ihrem Anhange einen Einfall in das Land gemacht hatten, gefangen nehmen. Da dieselben märkische Unterthanen waren, denen also Berthold auf seiner Burg Rückhalt gegeben hatte, so beschwerte sich der Graf von der Mark und machte einen feindlichen Einfall in das Stift Münster; er verlor jedoch 60 Mann als Gefangene, die sich loskaufen mußten; dann wurde der Streit in Frieden beigelegt.

Der Nachfolger war Wilhelm. Er erhielt für den zurückgefallenen Brautschatz seiner Schwester Gostka, die mit Dietrich von Volmestein zu Drensteinfurt verheirathet gewesen, und kinderlos gestorben war, 1380 einen Theil der Freigrafschaft Wildeshorst als Unterpfand. 1390 kaufte er aus dieser Grafschaft den Freistuhl zu Ascheberg auf in Benningkampe mit 9 Bauernhöfen von demselben Dietrich von Volmestein für 350 Mark. (siehe Freigerichte).

1417 versetzte Wilhelm an den Grafen von Tecklenburg die Hälfte von Davensberg und der Davert für 500 Mark.

In der folgenden Zeit ist Joan von Büren Besitzer und Herr zu Davensberg. Laut einer Urkunde von 1427 verschrieb er der Kirche zu Ascheberg 4 Schillinge jährlicher Rente zum ewigen Licht, aus Blaukenforts Erbe. 1428 findet die Eheberedung statt zwischen Joan und Grete von Kemenoden, wobei (die Brüder?) Johann Hermann und Albert von Büren ihrer zukünftigen Schwiegerin Davensberg zur Leibzucht überlassen. 1446 unterzeichnet Joan die Landesvereinigung des Domkapitels, der Ritterschaft und der Städte, um den Bischof von der Theilnahme an der ausgebrochenen Fehde zwischen Soest und Köln abzuhalten, und zwar an dritter Stelle unter den Rittern. Ein unechter Bruder, Wilhelm, stellte 1457 dem Gert von Morrien zu Nordkirchen, mit dem er sich verfehdet hatte (in dem Streit unter den gleichzeitigen 3 Bischöfen zu Münster Walrav von Mörs, Konrad von Diepholz und Erich von Hoya), einen Sühnbrief aus. 1459 versetzte Joan seine Halbscheid des Gogerichts Werne an den Bischof für 200 Goldgulden.

Baltassar von Büren folgte auf Joan zu Davensberg. Er unterzeichnete 1466 die Landesvereinigung beim Regierungsantritt des Bischofs Heinrich von Schwarzenberg. 1476 ist die Eheberedung zwischen Baltassar und Elisabeth von Wickede. 1479 löste er das von Joan versetzte Gogericht Werne wieder ein. Er schenkte für das ewige Licht in der Kirche zu Ascheberg 1469 und 1478 jedesmal eine halbe Mark jährlicher Rente. Wilhelm, jedenfalls ein Bruder, schenkte derselben Kirche 1483 einen Zehnten aus Brochtrups Erbe zu Backenfeld und 27 Mark Geldes.

Der Nachfolger ist Johann II. von Büren, der sich mit Klara von Koverden verheirathete. 1521 in der Eheberedung wird derselben ein Brautschatz von 3000 Goldgulden ausgesetzt. 1522 stiftet die Mutter Elisabeths von Wickede, damals Witwe, in der Kirche zu Ascheberg eine Wochenmesse zum hl. Sakrament mit 120 Goldgulden. Johann baute den jetzt noch bestehenden Thurm der alten Burg, an dem sein und seiner Frau Wappen angebracht ist. 1510 war schon die neuerbaute Kirche zu Davensberg eingeweiht worden, zu deren Bau der Herr zu Davensberg, jedenfalls der Vater Baltassar, schon 1497 die Erlaubnis erhalten hatte. 1517 stiftete derselbe die Vikarie zu Davensberg zu Ehren der hl. Anna und der hl. 3 Könige.

1530 erhielt bei der Brüdertheilung Johann das Haus Davensberg. 1531 trug derselbe dieses, als Allodialgut und freies Eigenthum (der Lehnsverband mit dem Bischofe muß also in Vergessenheit gerathen sein) dem Kaiser Karl zu Lehen an, mit der Bedingung, daß der Kaiser ihn beschützen wolle, und empfing es als Reichslehen von dem Kaiser zurück. Später wurde dieser Lehnsverband außer Acht gelassen, bis der spätere Besitzer von Davensberg, der Fürstbischof Christian Friedrich 1699 gezwungen wurde, sich vom Kaiser belehnen zu lassen, und den Gewinn zu zahlen. So blieb es denn bei jedem neuen Besitzer bis 1793. Johann war 1534 Droste des Amts Werne; es liegt eine Reihe von Briefen vor, in denen er von dem Bischofe bei verschiedenen Gelegenheiten aufgefordert wird "gerüstet dy to holden umt perde, speitzen (Spießen) und hovet harnsche, tom ernste upt sterkste gerüstet": so 1533, 1534 wegen der Wiedertäufer-Unruhen, und der Unruhen im Stedingerland und zu Delmenhorst in Oldenburg, 1537 "twe dyner reisigen Knechte mit Draue (?) harnsch gerüstet na Dulman to schicken, un up 3 off 4 Dage uth to riden", 1536 "in Telget to erschienen und myt uns in Mönster to riden", ebenso an den Sohn Jobst: 1553 von den Grafen von Bentheim-Steinfurt, sich gerüstet zu halten und auf Befehl zu erscheinen, bei Verlust der Lehnsgüter, 1562 von dem Bischof Bernard von Raesfeld "vor Mönster up der geist to erschienen und inrit binnen Mönster myt to doew". (Übrigens ergingen noch zu dieser Zeit, in vorkommenden Fällen, ähnliche Aufrufe von Seite des Bischofs an alle diejenigen von der Ritterschaft, die auf Kosten des Fürsten mit ausreiten mußten; 1523 fertigte der Marschall von Morrien zu Nordkirchen eine Liste dieser Ritter aus, in der 40 mit Namen aufgeführt werden, die 198 Pferde mitbringen mußten). 1534 nahm Johann von Büren auch Theil an der Belagerung von Münster gegen die Wiedertäufer. Er starb 1544 und wurde zu Ascheberg begraben.

Johann hatte folgende Kinder: Jobst, Melchior, Baltassar, Agnes, Johanna. Jobst bekam als der älteste Davensberg. Er und seine Brüder Melchior und Baltassar verglichen sich 1566 mit dem Bischof wegen des Gogerichts im Amt Werne. (Siehe Gogerichte). Er starb 1576, ohne Kinder zu hinterlassen; deshalb kam Davensberg an die Brüder Melchior und Baltassar, die beide Domherren zu Münster waren. Der letzte, Baltassar, starb 1599 (1582 nach Nordkirchener Archivstücken).

Jetzt gingen die Davenbergschen Güter an die Schwestern, resp. ihre Kinder über: Agnes (geb. 1524, gest. 1604) wurde um 1555 verheirathet mit Heinrich von Wolf zu Füchteln; aus dieser Ehe stammte Bernard von Wolf geb. 1557. - Johanna verheirathete sich 1564 mit Gerd von Morrien zu Nordkirchen. 1600 theilten von Wolf und von Morrien unter sich die Davensbergschen Güter, nebst den großen darauf haftenden Schulden. Als 1694 der Fürstbischof Friedrich Christian Nordkirchen angekauft hatte mit allen dazugehörigen Gütern, brachte er in demselben Jahre auch die von Wolfsche Hälfte von Davensberg durch Kauf an sich für 27636 Thaler, und wurde auf diese Weise ganz Davensberg mit Nordkirchen vereinigt.

Nachdem die Familie von Büren ausgestorben war, wurde Davensberg von einer adligen Familie nicht mehr bewohnt. Das Schloß wird allmählich in Verfall gerathen und schließlich abgebrochen sein. Das Gogericht bestand zu Davensberg weiter fort, bis die Einnahme des Landes durch die preußische Regierung eine andere Ordnung der Dinge herbeiführte.



Julius Schwieters
(entnommen dem Buch "Davensberg, Burg und Flecken", Wilhelm Henrichmann, Heimatverein Davensberg)