Davensberg - Das Tor zur Davert

Zur Geschichte der Davert

Geologisch gesehen liegt die Davert inmitten einer von drei großen Flachsenken im Kernmünsterland. Das Gebiet dieser "Flachsenke Davert" ist bei weitem nicht identisch mit dem eigentlichen Waldgebiet der Davert: Die Flachsenke reicht von Alverskirchen im Osten, über Handorf und Münster im Norden bis nach Senden im Westen und Ascheberg im Süden. Die topographische Ausdehnung der Davert ist viel enger gefaßt. Die Grenzen der Davert liegen danach bei Wittlerbaum im Norden, Rinkerode im Osten, im Westen Ottmarsbocholt und die Venne, und im Süden Davensberg, das "Tor zur Davert".
Der Emmerbach durchfließt dieses abgesteckte Gebiet der Davert von Südosten nach Nordwesten. Bei der Teilung der Davert 1841 wies das Gebiet eine Fläche von ca. 3.530 ha auf, wovon ca. 2.118 ha als Holzbestand gekennzeichnet wurden. In der Davert herrschen sandige, moorige und Kreidemergelböden vor. Und weit verbreitet sind auch gute Waldböden mit sehr hohem Feuchtigkeitsgehalt.

Unwirtliches Siedlungsgebiet
Die Unwirtlichkeit der ursprünglichen Davert haben eine frühe Besiedlung des Gebietes nicht zugelassen. Erst in der frühen Neuzeit sind Siedlungsansätze festzustellen. Von einer urgeschichtlichen Besiedelung zeugen nur ganz wenige Einzelfunde. Im Inneren der Davert wurde bisher kein einziger Fund gemacht. Ein Rechteckbeil aus Feuerstein aus der Megalithkultur der jüngeren Steinzeit wurde 1933 auf einem Feld einige Hundert Meter nördlich von Davensberg gefunden.
Erstmals erscheint der Name "Davert" in einer Urkunde vom Jahre 1176, wobei aber nicht sicher ist, ob tatsächlich das Waldgebiet der heutigen Davert gemeint ist. Erst rund 100 Jahre später erscheint der Begriff gesichert im Heberegister der Abtei Werden. Der Name Davensberg ist 1256 urkundlich belegt. Die Silbe "-berg" ist dabei als Burg zu verstehen: Davensberg bedeutet also die in der Davert gelegene Burg, womit sicherlich die von den Herren von Meinhövel um 1250 erbaute Burganlage gemeint ist.

Die Teufelseiche, der wohl
älteste Baum der Davert

Viele Grundherren
Als älteste Grundherren der Davert treten neben dem Domkapitel zu Münster und der Abtei Werden auch die Stifte Freckenhorst und Cappenberg sowie die Abtei Liesborn auf. Der Freckenhorster Besitz geht dabei bis in das 11. Jahrhundert zurück: Urkundlich erwähnt wird "Steinhorst", später einer der größten Grundeigentümer der Davert, als "Freckenhorster Eigen". Als älteste weltliche Grundherren werden die Herren von Meinhövel im 13. Jahrhundert angesehen. Deren Rechtsnachfolger werden die Herren von Büren im 14. Jahrhundert.

Orte meist in größerem Abstand
Die siedlungsfeindliche Davert bildete zusammen mit dem Venner Moor nahezu einen natürlichen Riegel in der Landschaft. Durch dieses Gebiet führte keine alte Fernstraße. Selbst im Urmesstischblatt von 1841 ist nur ein einziger größerer Hof eingetragen und alle Ortschaften finden sich in einigen Kilometern Abstand zu den Grenzen der Davert. Nur Davensberg bildet hier die Ausnahme: Im Schutz der Burg konnte sich hier, direkt an der Grenze der Davert, eine kleine Siedlung entwickeln.

Streit um Jagd- und Forstrechte
In den ältesten erhaltenen Urkunden wird die Davert als Wildforst oder Wildbann bezeichnet. Schon 1322 scheint danach Berthold von Büren der Inhaber der Jagd- und Forstrechte gewesen zu sein. Über den Umfang dieser Rechte gab es in den folgenden Jahrhunderten immer wieder erbitterten Streit. In einem Prozess im Jahre 1600 wird festgestellt, daß die Inhaber des Hauses Davensberg "Erb-Wildbahn-Herren" sind und auch die Forstgerichtsbarkeit besitzen.

Strenge Holzwirtschaft
Die wirtschaftliche Nutzung der Davert erstreckte sich anfangs nur auf die Holzwirtschaft. Nur am Rande der Davert hatten vereinzelt Kötter gesiedelt, die Schweinemast betrieben. Die Schweine durften aber nicht vor dem 1. Mai in die Davert getrieben werden. Der Getreideanbau war nur in geringem Maße möglich, da es kaum anbaufähige Flächen gab. Das Eichenholz wurde für den Haus- und Schiffsbau verkauft. Die Grundherren hatten Forstaufseher eingestellt, die für eine gut funktionierende Forstaufsicht sorgten. Niemand durfte an beliebiger Stelle Holz schlagen, niemals wurden ganze Flächen planlos abgeholzt. Nur von der Herrschaft freigegebene Stämme durften überhaupt gefällt werden und Holzfrevel wurde streng bestraft. Die Ausübung der Jagd stand nur dem Haus Davensberg zu, so dass sie wirtschaftlich unbedeutend war. Vereinzelt kam es in der Davert noch zum Torfstich, ab der Mitte des 18. Jahrhunderts finden sich auch einige Ziegelbrennereien.

Vielzahl an Davert-Berechtigten
Die Jagd- und Weiderechte zersplitterten schnell und bei der Feststellung dieser Rechte im Jahre 1769 meldeten schon 238 Parteien Rechte an. Nach der Davert-Teilung im Jahre 1841 traten zahlreiche Grundherren in der Davert auf, u.a. von Plettenberg, von Galen, von Droste-Vischering, von Elverfeld gen. von Beverfoerde-Werries, von Droste zu Senden und von Fürstenberg zu Herdringen. Wann sie welche Rechte in der Davert hatten, lässt sich heute kaum noch feststellen.

Teilung der Davert
Der Beginn der Teilung der Davert lässt sich bis ins Jahr 1812 zurückverfolgen. Bei einer ersten Zusammenkunft der Davert-Interessenten waren 59 Parteien erschienen, die einen Ausschuss von 5 Deputierten wählten. Ein "Geometer" wurde beauftragt, er sollte die Davert vermessen. Er stellte kurze Zeit später fest, dass der größte Teil der Davert aus Waldung, Moor und Heide besteht, außerdem seien "viele Stellen sehr niedrig" und stünden "größtenteils immer unter Wasser" - die Davert war nach wie vor ein unwirtliches Gebiet.
In den nachfolgenden Jahren blieben die Bemühungen um eine Teilung immer wieder stecken, Kriegswirren und Rechtsstreitigkeiten waren meist die Gründe. Erst 1830 wurden die Vermessungsarbeiten abgeschlossen, doch es sollte noch einmal weitere 11 Jahre dauern, bis die "Teilung" tatsächlich durchgeführt wurde: Am 31. Dezember 1841 unterzeichneten die Interessenten, und die Königliche Generalkommission in Münster bestätigte den Davertrezess. Jeder Anteilsberechtigte erhielt entsprechend dem Umfang seiner Rechte Grundstücke in der Davert zu eigen. Wege, Wasserläufe und Sandgruben blieben allerdings Gemeinschaftseigentum.

Davert-Genossenschaft und -Kommissar
Die Davert-Interessenten schlossen sich 1848 in einer Gemeinschaft zusammen, die später "Davert-Genossenschaft" genannt wurde, obwohl sie niemals eine Vereinigung nach dem späteren Genossenschaftsrecht war. Die von den Davert-Interessenten gewählten Deputierten wählten wiederum einen "Davert-Kommissar", dessen Hauptaufgabe in der Verwaltung und der Vertretung der Genossenschaft lag. Die Besetzung des Davert-Kommissars selbst löste im Verlauf der Jahrzehnte viel Zank und Streit unter den Interessenten aus. Letztlich wurde 1956 die Gemeinde Ascheberg mit der verantwortlichen Verwaltung aller Anteile der fünf Gemeinden an der Davert betraut. Bis zur Auflösung der Davert-Genossenschaft war der Ascheberger Gemeindedirektor gleichzeitig auch der "Davert-Kommissar", dies war zuletzt der Gemeindedirektor Bernhard Rothers.

Wegearbeiten und Entwässerung
Durch die Neuordnung der Davert wurde es erforderlich, Wege zu begradigen, instandzusetzen oder neue Wege zu bauen. Sämtliche Wege standen seit der Teilung jedermann zur Verfügung und für die Unterhaltung mussten alle gemeinsam aufkommen. Auch Wassergräben mußten reguliert und Brücken gebaut werden. Die Entwässerungsgräben waren von den Anliegern in Ordnung zu halten. Als wichtigste Aufgabe hatte die Genossenschaft die Instandhaltung und den Ausbau des Wegenetzes und der Wasserläufe. In die Zeit nach 1841 fällt auch ein Großteil der Trockenlegung der Davert, der viele Feuchtwiesen und Sumpfgebiete zum Opfer fielen.

Langwieriger Auflösungsprozess
Nach dem II. Weltkrieg übernahmen die an die Davert angrenzenden Gemeinden immer mehr die Aufgaben der Davertgenossenschaft. Bereits 1952 wurde daher erstmals über eine Auflösung diskutiert. In einem sehr langwierigen rechtlichen Verfahren wurde dann die Auflösung betrieben: Erst im Oktober 1968 verfügte der Regierungspräsident die Auflösung der Genossenschaft zum 1. Januar 1969.
Im "Nordrhein-Westfalen-Programm 1975" wurde die Davert dann als Naherholungsgebiet für die Bevölkerung Münsters und des Ruhrgebiets ausgewiesen. Doch die Bedeutung der Davert ist nicht nur regional zu sehen: Als wertvolle Waldlandschaft von europaweiter Bedeutung wird jetzt das "Naturschutzgebiet Davert" geschaffen. 



Hermann-Josef Bergmann

(entnommen dem "Davensberger Jahrbuch 2001", Heimatverein Davensberg)